Dass ein Citroën oder Peugeot klingt, wie er klingt, ist auch Tratter Engineering zu verdanken. Schließlich wurden die Resonatoren für Modelle des französischen Autogiganten PSA von Tratter entwickelt. Und auch beim Sound von VW-Motoren hört man ein Stück weit Tratter – allerdings nur, wenn man in den USA oder Kanada unterwegs ist.
Das schwarze Teil aus Polyamid, das Projektleiter Pietro Farina in den Händen hält, sieht nicht gerade spektakulär aus: eine Trommel, ein gekrümmtes Auslassrohr, alles zusammen etwa 25 Zentimeter groß. Und doch: In einem Citroën DS 7, einem Peugeot 308 GT oder einem Peugeot 508 sorgt der Resonator aus dem Hause Tratter für den guten Ton. „Der Resonator wirkt wie ein Schalldämpfer“, erklärt Farina – allerdings wie ein selektiver: er sitzt zwischen Luftfilter und Turbolader, sorgt für die richtige Luftzufuhr und dämpft zugleich Töne bestimmter Frequenzen, damit den Passanten beim Vorbeifahren eines Autos nicht die Ohren bluten.
Weltumspannendes Netz
Der französische Autogigant PSA – zu ihm gehört neben Citroën und Peugeot auch Opel – ist längst nicht der einzige, der bei seinen Resonatoren auf die Hilfe von Tratter zurückgreift. Vielmehr setzt auch VW auf Unterstützung aus Bozen, und zwar für einen Vier-Zylinder-Motor, den die Wolfsburger im nordamerikanischen Raum verbauen. Dabei hatte dieses Projekt für Tratter alles andere als vielversprechend begonnen: „So wie man es uns anfangs vorgelegt hat, war das Bauteil nicht herstellbar“, erinnert sich Projektleiter Alexander Mair. Erst nach sieben Optimierungsschleifen sei man so weit gewesen, dass man ein Werkzeug für den Resonator entwickeln habe können.
Für Tratter heikel: All diese Schleifen lagen noch vor der offiziellen Auftragserteilung. „Für uns war das ein Risikospiel“, sagt Mair, „weil wir Know-how ohne Garantien nach außen geben mussten“. Er ist allerdings auch überzeugt: Den Auftrag hat Tratter letztendlich an Land gezogen, weil man Lösungen angeboten hat.
Klein schlägt Groß
Ähnliches hat auch Pietro Farina bei den PSA-Resonatoren erlebt. Bei diesen offenbarten die ersten Projektzeichnungen einen Überstand am Gehäuse, in dem Tratter eine Fehlerquelle und eine Verletzungsgefahr für die Monteure ausmachte. „Wir haben den Überstand beseitigt und ihn mit einer Lippe verdeckt“, so Farina. Auffallend ist: In die Lippe ist eine etwa einen Millimeter tiefe Kerbe gefräst. „Wir mussten diese Aussparung vorsehen, weil hier die Schraube eines anderen Teils Platz haben muss“, sagt der Projektleiter. Im Motorraum, so lernt man, wird kein Millimeter verschenkt.
Und man lernt auch: Kleine Entwickler sind den Projektanten großer Autobauer oft eine Nasenlänge voraus. „Unser Fertigungssystem ist mittlerweile Standard“, erklärt Farina mit ein wenig Stolz in der Stimme, um gleich danach bescheiden hinzuzufügen. „So lernt man eben stetig dazu.“
Eine Zeichnung als Bibel
Den Lernprozess betont auch Farinas Kollege Mair, dem im Zuge des VW-Resonatoren-Projekts das eine oder andere graue Haar gewachsen sein dürfte. Schließlich war das verlangte Bauteil mit den Optimierungen im Hause Tratter zwar herstellbar, das dafür benötigte Werkzeug aber hochkomplex. „Das Werkzeug muss insgesamt nicht weniger als elf Bewegungen ausführen“, so Mair. Und der Fachmann weiß: Je mehr Bewegungen, desto störungsanfälliger ist ein Werkzeug. „Umso wichtiger ist, jedes kleinste Detail zu durchdenken, damit man ein stabiles Spritzgusswerkzeug schafft“, so der Projektleiter.
Während Tratter für die VW-Resonatoren „nur“ das Werkzeug entwickelt und produziert, geht die Verantwortung beim PSA-Auftrag weiter: Für die Franzosen fertigt Tratter den Resonator auch noch. „Wir tragen in diesem Projekt die Verantwortung für den gesamten Prozess“, so Farina. Ausgangspunkt sind dabei ein CAD-Modell sowie die klassische 2D-Zeichnung, aus der alle Details des Projektes ersichtlich werden: Formen, Maße, Normen, Prüfanforderungen, Materialien, vorgeschlagene Änderungen – alles findet sich in der Zeichnung. „Die Zeichnung“, sagt der Projektleiter dann auch, „ist so etwas wie unsere Bibel. Man geht immer von ihr aus.“
Vom Stresstest zur Serienproduktion
Schon wenige Wochen, nachdem die Zeichnung 2015 erstmals auf die Tratter-Tische geflattert ist, hat man hier die nötigen Werkzeuge entwickelt, aufwändige Akustiktests durchlaufen und erste Prototypen gefertigt. „Diese sind in die Testfahrzeuge eingebaut und Stresstests unterzogen worden“, erinnert sich Farina. Drei Wochen lang musste der Motor (und in ihm der Resonator von Tratter) pausenlos laufen und sich unter Extrembedingungen beweisen. Erst dann kam grünes Licht von PSA und die Serienproduktion konnte anlaufen. Die liegt heute in den Händen von Tratter, bei einem Partnerbetrieb im Umland von Verona laufen 60.000 Resonatoren jährlich vom Band.
Die Entwickler bei Tratter haben also das Privileg, ein Stück ihrer Arbeit im Sound zahlloser Motoren zu hören. Überhaupt begegnen sie ihr auf Schritt und Tritt: „Ich war neulich in einer Karosseriewerkstatt, in der ein Audi A4 mit freigelegten Luftleitteilen stand“, erzählt Alexander Mair. Auch das ein Stück Tratter.